Ein Brief des Bundesdenkmaiamtes und Landeskonservators vom19.11.1985 an die Gemeinde Egg löste die Suche nach dem für Egg bereits verschollen gegoltenes Hochaltarblatt aus.
Mit diesem Brief vom 19.11.1985 teilte das Bundesdenkmalamt der Gemeinde mit, dass um Ausfuhrgenehmigung eines Gemäldes aus Egg und zwar den Kirchenpatron, den hl. Nikolaus darstellend, angesucht wurde und dass zufolge besonderen künstlerischen Wertes die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erteilt wurde. Zuständigkeitshalber leitete der Bürgermeister diesen Brief an den damaligen Kulturreferenten Dr. Melchior Bechter weiter, welcher die Suche nach dem verlorenen Kunstschatz aus Egg aufnahm.
Zu diesem Zeitpunkt war gerade die Kirchenrenovierung im Gange sowie die Wiedererrichtung des Egger Heimatmuseums. Die Frage der Zuständigkeit Kirche oder Museum war rasch gelöst. Dr. Bechter setzte sich umgehend mit dem Antiquitätenhändler Moskat aus Bregenz ins Benehme, vereinbarte einen Termin und in der Folge besichtigte der Kirchenrenovierungsausschuss, dem auch der Kulturreferent angehörte, zusammen mit Arch. Jakob Albrecht das zum Verkauf anstehende Altarbild. Es hatte ein Ausmaß von 2,6 m Höhe und Breite von 1,6 m und war in einem barock geschwungenen profilierten Rahmen eingelegt und umspannt, wenngleich Bild und Rahmen einen ramponierten und verwahrlosten Eindruck hinterließen, bestach doch die künstlerische Gestaltung und Darstellung der Figuren; natürlich wurden auch die patriotischen Gefühle, der Heimatstolz, spontan geweckt, so ein Kunstwerk der Gemeinde zurückzugewinnen.
Das Altarbild, eine Ölmalerei auf Leinwand, stellt in der zentralen Stirnseite eine auf Wolken thronende und von Engeln gestützte Madonna mit Jesuskind dar. Zu ihren Füßen links der Kirchenpatron, der hl. Nikolaus und rechts der hl. Laurentius. Zwischen den beiden Heiligen sitzt ein Engel, der ein Buch mit 3 goldenen Äpfeln (die der hl. Nikolaus einst den armen Mädchen zuwarf) in Händen hält. lm Marterrost war die Signatur des Malers - völlig ungewöhnlich- schwer erkennbar mit der Inschrift „Mathias Pußjäger pinxit 1723“.
Es war zweifellos das Verdienst des Antiquitätenhändlers Moskat, der das Bild um ein Trinkgeld (öS 4000,00) erworben hatte, den Maler des Altarbildes eruiert zu haben und damit die künstlerische Bedeutung. Doch bevor ich darauf eingehe, möchte ich ausführen, wie das Bild zum Antiquitätenhändler Moskat nach Bregenz gelangte.
Beim Lokalaugenschein im Dezember 1985 durch den Renovierungsausschuss wurde das Bild im Hause Moskat in Bregenz einer eingehenden Betrachtung unterzogen, nachdem der derzeitige Besitzer und Händler seinen Rechtsvorgänger nicht preisgeben wollte und auch nicht auskunftswillig darüber war, wie er in den Besitz des Bildes gelangte. Bis auf die letzten 10 Jahre war die Geschichte des Bildes auf dessen Rückseite verfolgbar.
1723 wurde es für die 1890 abgebrochene Egger Pfarrkirche (Hochaltarbild) vom barocken Tafelmaler, einem Bayern nämlich Mathias Pußjäger gemalt. Josef Ringler schildert Pußjäger im Buch, Die barocken Tafelmaler in Tirol ,, als Tafelbildmaler ausschließlich religiösen oder biblischen Charakters. Seine Tätigkeit bedeutet einen Markstein in der südtirolerischen Tafelmalerei um die Wende des 18. Jhdt.“ In den bisher erschienenen Werksverzeichnissen scheint das Egger Altarblatt nicht auf. Pußjäger wurde 1654 in Rottenbuch in Bayern geboren und lebte seit seinem 28. Lebensjahr also seit 1680 in Meran, wo sein Bruder im Kapuzinerkloster in Kaltern Guardian war. Im Stift Wilten und Stams sind seine berühmten Hauptwerke ebenso im Kreuzgang des Klosters Kaltern anzutreffen. Künstlerisch werden seine barock anmutenden Bildkompositionen in dunkelbraunen Farben gestaltet und gemalt. Die gekonnte Madonnendarstellung und seine einfühlsame Farbgestaltung (Kaloristik) werden besonders hervorgehoben.
Er gilt als bedeutender barocker alpenländischer Tafelmaler, was durch sein Werk für Egg bestätigt wird.
Erstaunlicherwelse hat diese hervorragende Qualität erst Dr. Kaltenbrunner, der Leiter des Bundesdenkmalamtes in Bregenz erkannt, als das Bild um teures Geld ins Ausland verkauft werden sollte. Gott sei ihm gedankt.
Herkunft und Schicksal des Altarbildes von 1723
Anlässlich der Restaurierung der Vorgängerkirche kam das Altarblatt 1852 zu Christian Geser am Rain – vermutlich als Dank für die von ihm geleisteten Fronarbeiten. Die 1891 am gleichen Standort erbaute heutige Kirche legte keinen Wert auf das barocke Altarbild Pußjägers, weil sie im neugotischen Stil errichtet wurde und mich solchen Altären (Nazarener Stil) ausgestattet wurde (Künstler Raich aus Bizau). Geser wiederum brachte das Bild in die Kapelle auf dem Rain, wo es wegen seiner Größe und Mächtigkeit im Verhältnis zur niederen Kapelle nicht aufgefallen war.
Anlässlich der Verbreiterung der Rainerstraße 1972 wurde die Kapelle abgerissen und an deren Stelle ein Bildstöckle errichtet. Das Altarbild kam dann zu einer Enkelin des Christian Geser, nämlich Margarethe Schwärzler geb. Geser und verstaubte dort auf dem Gentar 12 Jahre lang. Der Schwiegersohn von Margarethe, Jakob Neyer, wollte das Haus umbauen und brauchte Platz. 1984 wurde Moskat auf das Bild aufmerksam. Die Bewohner der Parzelle Rain zogen über Empfehlung des damaligen Kulturreferenten OMR Dr. Walter Willam Kunstsachverständige Personen bei, nämlich den Leiter des Bundesdenkmalamtes Herrn. Dr. Heinzle und den Volkskundler Herrn. Dr. Wolfgang Rusch. Beide waren der Auffassung, dass das Bild keine künstlerische Bedeutung habe.
Erstaunlicherweise hat diese hervorragende Qualität erst Dr. Kaltenbrunner, der Leiter des Bundesdenkmalamtes in Bregenz, erkannt, als das Bild um teures Geld ins Ausland verkauft werden sollte. Gott sei ihm gedankt.
Der „Kapellenvorstand“ hat schließlich das Altarbild im guten Glauben, es habe keine künstlerische Bedeutung, 1983/84 an den Antiquitätenhändler Moskat um ein Taschengeld (ca. öS 4000,00) verkauft.
Nachdem Architekt Jakob AIbrecht, Restaurator Hubert Dietrich aus Mellau und Mag. Wall-Beyerfels, der das Bild schließlich restauriert hat, dieses als künstlerisch wertvoll eingestuft hatten und als künstlerisches Kleinod für die zu renovierende Egger Pfarrkirche qualifiziert hatten, bemühte sich Dr. MeIchior Bechter um den Rückerwerb und Ankauf des Altarbildes und Restaurierung durch Mag. Wall-Beyerfels aus Innsbruck. Die Brauerei hat über seine Vermittlung die gesamten Kosten des Ankaufes und Restaurierung des Bildes samt Rahmen übernommen. Nunmehr kann sich die Pfarre Egg mit ihrer Bevölkerung eines wunderschön restaurierten Altarbildes eines bedeutenden Künstlers eines barocken Tafelmalers des Alpenlandes erfreuen.
So fehlt unserer stilvoll und mit viel Mühen restaurierten Kirche nur noch das filigrane gotische aus Sandstein gehauene Sakramentshäuschen, das sich in der Martinskapelle der Oberstadt von Bregenz als Leihgabe des Vorarlberger Landesmuseums befindet.
P.S. Moskat verlangte ursprünglich beim ersten Gespräch öS 250.00,00. Dr. Bechter erkundete die Rechtslage wegen Anfechtung des Rechtsgeschäftes. Hans Schneider vom Rain besorgte in mühevoller Arbeit die Unterschriften aller Hausbesitzer über der Bahnlinie (Einwohner von Rain und Unterbach). Erst nach Androhung eines Rechtsstreites und Vorliegen der Prozessvollmacht konnte das Altarbild um einen mittleren 5stelligen Betrag zurückgekauft werden. Die Kosten hat die Brauerei Egg allein getragen.
Aufgezeichnet und geschrieben von Melchior Bechter, Egg im Mai 2024