
Durch das Fasten sollen sich Selbstreinigungsprozesse auf allen Ebenen: Körper, Geist und Seele in Gang setzen. Wir sollen fitter, besser und schöner werden. Das sind wunderbare Versprechungen, aber treffen diese auch auf das religiöse Fasten zu oder ist da noch mehr?
Das Fasten findet sich in allen Weltreligionen. Im Buddhismus gibt es keine fix vorgegebenen Fastentage oder -zeiten, vielmehr ist das Fasten eine Grundhaltung. Es soll ein Ausgleich zwischen zuviel und zuwenig gefunden werden. Wenig essen erleichtert den Gläubigen die Meditation und somit den Weg zu innerem Frieden und innerer Erleuchtung.
Im Islam hingegen ist das Fasten ein göttliches Gebot und gehört zu den fünf Säulen dieser Weltreligion. Im Fastenmonat Ramadan, dem neunten des islamischen Mondjahres, wird von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts gegessen und getrunken. Die Muslime sind weiters angehalten, mit all ihren Sinnen zu fasten, Gutes zu tun und dadurch bewusster über ihr Leben und ihre Beziehung zu Gott zu reflektieren. Das Ende der Fastenzeit – das „Fastenbrechen“, auch „Zuckerfest“ genannt – wird mit Gebet, gegenseitigen Glückwünschen, gemeinsamem Essen in der Familie und Süßem für die Kinder als großes Fest zelebriert.
Im Judentum gibt es über das Jahr verteilt mehrere Fastentage, die oft an tragische Ereignisse in der jüdischen Geschichte erinnern sollen. Neben dieser Erinnerung spielt auch hier die Intensivierung der Gottesbeziehung eine wichtige Rolle. Der wichtigste Fastentag ist Jom Kippur, an dem weder gegessen, getrunken noch sich gewaschen oder gearbeitet werden soll. Die Gläubigen sollen sich ihrer Sünden bewusst werden, diese bereuen, vergeben und um Vergebung bitten.
Das Christentum kennt traditionell zwei große Fastenzeiten: die 40-tägige vor Ostern und die Adventszeit. Letztere spielt heute keine allzu große Rolle mehr, war aber als Vorbereitung auf das Weihnachtsfest gedacht. Die vorösterliche Fastenzeit, auch Passionszeit genannt, ist die Vorbereitungszeit auf das Osterfest. Die Christen sind aufgerufen, sich von Dingen und Zwängen zu befreien, die das Glaubensleben beeinträchtigen oder von wichtigen Dingen im Leben abhalten. Sie sind aufgerufen Gutes zu tun und Opfer zu bringen. Durch den bewussten Verzicht entstehen Freiräume, die zu einem intensiveren Erleben und auch zum Reflektieren des eigenen (Glaubens-)Lebens genutzt werden sollen.
Betrachtet man das Gemeinsame dieser Religionen, fällt auf, dass das Fasten nicht das Ziel, sondern nur der Weg zum Ziel ist. Es geht darum, durch das „Weniger“ zur Ruhe zu kommen, in die Stille hineinzuwachsen und mehr Raum für die eigene Spiritualität zu schaffen. Es geht darum, das Wesentliche zu erkennen und sich selbst, die Beziehungen zu den Mitmenschen rundum und vor allem die Beziehung zu Gott in den Blick zu nehmen. Das ist gar nicht so einfach, wie es vielleicht klingt. Als sich das Fasten in den frühen Christengemeinden in Anlehnung an das jüdische Fasten entwickelt hat, gab es bald klare Fastengebote und -verbote. So durfte man an Fastentagen nur einmal am Tag essen. Mit der Zeit dehnten sich die Fastenzeiten aus und die Regeln wurden milder. Im 3. und 4. Jahrhundert soll das Fasten vor allem bei den Mönchen sehr populär geworden sein und endete nicht selten in einem Wettstreit, wer noch asketischer leben konnte. Dieser Praxis stand man bald kritisch gegenüber – geht es dabei doch auch, um ein heutiges Wort zu benutzen, mehr um Selbstoptimierung als um Selbsterkenntnis, Empathie und Glauben. Fasten ist mehr.
Hallo! Wir bitten Sie, einige zusätzliche Dienste für Sonstiges, systemtechnische Notwendigkeiten & Social Media zu aktivieren. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit ändern oder zurückziehen.