Nora Bösch stammt aus Osttirol, studierte in Innsbruck Theologie und lebt in Lustenau. Sie hat zwei erwachsene Töchter und kann auf 35 Berufsjahre zurückblicken, u. a. auf 15 Jahre als Gemeinde- und Pastoralleiterin in Dornbirn-St. Martin.
Nora Bösch, was verstehen Sie unter einem „guten Abschied“?
Nora Bösch: Ein Abschied tut immer weh. Mit dem Menschen verabschiedet man auch eine gemeinsame Geschichte. Es gilt, diesen Schmerz wahrzunehmen und zuzulassen und gleichzeitig spürbar zu machen, dass man nicht allein ist, dass man von anderen gehalten und getragen wird und dass auch Gott in dieser Trauer gegenwärtig ist. Und dass „der Himmel offen“ ist.
Wie hat sich Ihrer Meinung nach der Umgang mit Krankheit, Tod und Trauer in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren verändert? Und wie betrifft das die Pfarren?
Nora Bösch: Ich denke, dass der Umgang mit Krankheit, Tod und Trauer, besonders im städtischen Bereich, zunehmend privater geworden ist. Oft erfahren wir kaum, wenn jemand längere Zeit krank ist. Viele wünschen sich „stille Beerdigungen“ ohne Totenwachen, da sie die Öffentlichkeit scheuen.
Das stellt die Pfarren vor große Herausforderungen: Wie können wir den Kontakt zu Familien herstellen, in denen ein Angehöriger krank ist, und wie können wir diese gut begleiten und stärken? Wie vermitteln wir die Bedeutung der Totenwache als Feier, bei der die Kraft des gemeinsamen Gedenkens und Betens spürbar wird? Und wie können wir aufzeigen, dass eine stille Beerdigung vielen Menschen im Umfeld des Verstorbenen die Möglichkeit nimmt, sich zu verabschieden und durch ihre Anwesenheit auch eine Stütze für die Familie zu sein?
Diese Themen anzusprechen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, ist eine zentrale Aufgabe für Seelsorgerinnen und Seelsorger.
Sie verstärken seit November das Team "Ehrenamt und Glaube" im Bereich Tod und Trauer. Was hat Sie dazu motiviert und welche Aufgaben übernehmen Sie dabei?
Nora Bösch: Die bedingungslose Begleitung und Präsenz in Krankheit, Tod und Trauer ist eine zentrale Stärke der katholischen Kirche, wie auch jüngste Umfragen zeigen. In den Pfarren unserer Diözese wird dies meist sehr gut umgesetzt. Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Pfarren von anderen erfolgreichen Initiativen erfahren und sich dadurch weiterentwickeln können. Für diese Vernetzung und Unterstützung der Pfarren sind wir nun zu zweit zuständig: Karin Ebner kümmert sich um die Begleitung von Kranken und ihren Angehörigen, die Krankenkommunion sowie Rituale an der Schwelle des Todes. Meine Aufgabe ist es, Hilfestellungen rund um Totenwachen, Beerdigungen und Trauerbegleitung zu bieten und die Öffentlichkeitsarbeit in den Pfarren zu fördern. In den kommenden Wochen werden wir diesbezüglich aktiv auf die Pfarren zugehen.
Gab es Erfahrungen oder Erlebnisse in Ihrem Leben, die Ihre Einstellung zu Tod und Trauer geprägt haben?
Nora Bösch: In den 15 Jahren meiner Tätigkeit in der Pfarre St. Martin in Dornbirn habe ich viele Menschen beim Abschied und der Beerdigung ihrer Angehörigen begleitet. Die Angehörigen befinden sich in einer Ausnahmesituation: Zum Verlust und zur Trauer kommt noch die Organisation der Beerdigung hinzu. Es war mir daher immer ein großes Anliegen, sie bestmöglich zu unterstützen und ihnen den Druck zu nehmen. Besonders beeindruckt haben mich die Geschichten, die sie über ihre Verstorbenen erzählt haben – wie diese ihr Leben gemeistert, oft schwierige Zeiten überstanden und dennoch stets Hoffnung auf das Gute im Leben bewahrt haben. Diese Begegnungen waren für mich immer auch ein großes Geschenk.
Welche Rolle spielt der Glaube für Sie persönlich im Umgang mit Tod und Trauer?
Nora Bösch: Für mich gibt es in der Trauer zwei zentrale Aspekte: Zum einen bewahren wir die vielen schönen Erinnerungen an die Verstorbenen in unseren Herzen, und die innere Verbindung gewinnt eine neue Qualität. Zum anderen bleiben wir als Christen nicht bei diesem Gedanken stehen, sondern glauben und vertrauen darauf, dass das Leben weitergeht, dass unsere Verstorbenen in ein neues Leben übergegangen sind. Dies zu vermitteln, ist mir besonders wichtig.
Gibt es ein besonderes Projekt oder eine Idee, die im Fokus Ihrer Arbeit liegt?
Nora Bösch: Der Wunsch, in der Natur, beispielsweise im Wald, bestattet zu werden, wird immer häufiger geäußert. Dabei stellt sich oft die Frage, ob und wie eine christliche bzw. katholische Begräbnisfeier in diesem Rahmen möglich ist.
Wir befinden uns dazu in konstruktiven Gesprächen mit den Verantwortlichen des „Klosterwaldes“. Eine meiner Aufgaben ist es, ein Team von Seelsorgerinnen und Seelsorgern aufzubauen, die im Klosterwald in Bludesch für Trauerfeiern und Bestattungen zur Verfügung stehen. Hier sind wir bereits auf einem guten Weg.
Die Fragen stellte Andreas Haller.
Nora Bösch stammt aus Osttirol, studierte in Innsbruck Theologie und lebt in Lustenau. Sie hat zwei erwachsene Töchter und kann auf 35 Berufsjahre zurückblicken, u. a. auf 15 Jahre als Gemeinde- und Pastoralleiterin in Dornbirn-St. Martin.