In Österreich ist der Religionsunterricht konfessionell organisiert und scheint nach wie vor als zweistündiger Pflichtgegenstand in den Stundentafeln (beinahe) aller Schultypen auf. Grundsätzlich hat sich daran auch durch den im Herbst 2022 eingeführten Pflichtgegenstand Ethik nichts geändert (abgesehen vom begrüßenswerten Umstand, dass Religion nicht mehr mit einer Freistunde konkurrieren muss und auch bei einer Abmeldung ein fachnahes Bildungsangebot für die Schüler:innen greift).
An den Schulen und darüber hinaus gibt es dennoch einen nicht abreißenden Diskurs zu Religion als ordentlichen Unterrichtsgegenstand. Die einen meinen, die Kirche habe nicht das Recht zu bestimmen, welche Lehrkräfte am öffentlichen Ort Schule mit welchen Lehrmitteln unterrichten. Diese Skepsis wird befeuert durch die Vertrauenskrise, in der die (katholische) Kirche sich befindet. Andere beobachten, dass immer mehr Familien nicht mehr Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft sind und die Zahl der Kinder ohne Bekenntnis zunimmt. Dazu passt auch die Beobachtung, dass Familien mittlerweile immer seltener ein selbstverständlicher Ort der Glaubensvermittlung sind, an den schulischer Religionsunterricht anknüpfen kann. Kann er unter diesen Umständen noch funktionieren?
Diese Frage möchte ich einem Blick auf die Stärken des Faches beantworten, die m.E. Antwort sind, warum sich Bemühungen um den Religionsunterricht nach wie vor lohnen.
All diese guten Wirkungen des Religionsunterrichts stehen und fallen mit den Religionslehrer:innen. Derzeit unterrichten in Vorarlberg 603 Lehrpersonen das Fach Religion. Die beachtliche Größe dieser Gruppe soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen immer drängenderen Bedarf an neuen Lehrkräften gibt, denn viele von ihnen unterrichten – neben ihren sonstigen Fächern – nur wenige Stunden Religion und auch der Altersschnitt gibt Anlass zur Sorge. Der schon erläuterte Begründungsdruck des Faches, die schwierige kirchliche Situation und das selbst durch die Pandemie nicht völlig rehabilitierte Bild des Lehrberufes hinterlassen auch hier ihre Spuren und führen zu einem immer schwerer zu kaschierenden Religionslehrermangel.
Derzeit gibt es in Vorarlberg folgende Wege zum Erwerb einer Lehrbefähigung für katholische Religion:
Auf Wunsch der Schulämter wird von der KPH Edith Stein derzeit an einem Ausbildungsmodul für Quereinsteiger:innen im Pflichtschulbereich gearbeitet, da die genannten Ausbildungswege, vor allem im VS-Bereich, den Bedarf nicht abdecken können. Geplant ist ein berufsbegleitendes, 30 ECTS umfassendes Curriculum, das im Herbst 2023 starten soll. Voraussetzungen für die Zulassung sind ein abgeschlossenes Lehramtsstudium oder ein BA-Studium Elementar- oder Sozialpädagogik oder eine dreijährige Berufserfahrung als Kindergartenpädagog:in oder die Reifeprüfung in Kombination mit mehrjähriger Berufserfahrung im pädagogischen Bereich.
Interessent:innen für den „Quereinstieg Religion“ können sich bei der KPH in Feldkirch melden. Es ist zu hoffen, dass dieses Modul den Weg durch die Instanzen besteht und in Anlehnung an den schon praktizierten Quereinstieg für andere Fächer auch vertragsrechtlich attraktiv gestaltet werden kann.
Als Schulamtsleiterin engagiere ich mich aus Überzeugung für den Fortbestand und die Weiterentwicklung des konfessionellen Religionsunterrichts. In einer unübersichtlichen und krisengeschüttelten Welt brauchen Schüler:innen Orte, an denen ihnen vor aller Leistung als Menschen begegnet wird und an dem sie – wie es gute Religionsunterrichtstradition ist – von guten und vertrauensvollen Wegen ins Leben erfahren.
Mag.a Annamaria Ferchl-Blum MAS
Jg 1963, Studium der Theologie und Religionspädagogik, seit 2020 Leiterin des Schulamts der Diözese Feldkirch.