Von Joachim Schwald
Üblicherweise sind Jubiläen ein Grund zur Freude und zum Feiern. Im Fall der Caritas ist das etwas anders. Unter dem Motto „100 Jahre und es gibt noch viel zu tun“, startet die Sozialeinrichtung dieser Tage in ihr 100. Bestandsjahr.
In den Jahren 1923/24, also knapp fünf Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, wurde die Caritas Vorarlberg aus dem gesellschaftlichen Bedarf nach gemeindeübergreifender Hilfe für Menschen in Not heraus gegründet. An dieser Leitlinie hat sich bis heute im Wesentlichen nichts verändert, wie Caritasdirektor Walter Schmolly verdeutlicht: „100 Jahre Caritas sind 100 Jahre Kontinuität zum Gründungsauftrag ‚Not sehen und handeln‘ und gerade deshalb auch 100 Jahre Entwicklung durch das Antworten auf die jeweils aktuellen sozialen Probleme.“ Diese haben sich im Laufe des letzten Jahrhunderts immer wieder verändert bzw. verlagert. So kamen für die Caritas laufend neue Themen- bzw. Tätigungsfelder dazu.
Das runde Jubiläum sei Anlass sich zu erinnern. Dies will man zum einen mit einer Wanderausstellung, die in den nächsten Monaten in den Pfarren und Gemeinden zugänglich sein wird, tun. Zum anderen wird es Historiker:innen-Dialoge geben. „Gleichzeitig soll das Jubiläumsjahr aber auch genutzt werden, sich intensiv für die Aufgaben der Zukunft auszurichten“, so der Caritasdirektor weiter, der aktuell (und auf absehbare Zukunft) drei große Herausforderungen und soziale Problemstellungen ausmacht:
- Das Abfangen von Krisenfolgen: Angesichts der gegenwärtigen Krisen sind immer mehr Familien und Haushalte auf Unterstützung angewiesen, weiß der Caritasdirektor, der sich dabei auf die gestiegene Anzahl an Kontakten der Beratungsstellen Existenz&Wohnen stützt. Dass davon auch immer mehr Kinder betroffen sind, schmerzt Schmolly besonders: „Wenn wir in dieser Teuerungskrise eine gemeinsame Verantwortung haben, dann ist es doch wohl die, dass durch diese Krise nicht Kinder um ihre Chancen gebracht werden.“
- Den Zusammenhalt stärken: Auch in Sachen Vereinsamung sieht Schmolly die Caritas gefordert. Initiativen, die den Zusammenhalt stärken und ein solidarisches Miteinander fördern seien unabdingbar, denn vieles funktioniere ohne nicht.
- Den Wandel mitgestalten: In Hinblick auf den gesellschaftlichen Wandel habe es sich die Caritas zum Ziel gesetzt, ihre Kooperationsfähigkeit auszubauen, um möglichst vielen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Erste Lernerfahrungen in diesem Bereich habe die Caritas Vorarlberg im Sachen Kreislaufwirtschaft für Textilien, Möbel, Elektrogeräte und Hausrat bereits gesammelt.
Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, pflichtet Schmolly bei. „Wir stehen als Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Die sozialen und ökologischen Krisen lassen sich nur gemeinsam und solidarisch lösen“, so Parr. Die Geschichte zeige, wie viel möglich sei. Die Gesellschaft sei grundsätzlich solidarisch. Das zeige sich sowohl an der Spendenbereitschaft als auch an der Vielzahl an ehrenamtlich Engagierten, blickt Parr hoffnungsvoll in die Zukunft. Gleichzeitig nimmt die Generalsekretärin aber auch die Politik in die Pflicht: „Unser Sozialstaat ist stark, weist aber auch Lücken auf. Um Menschen jetzt und auch langfristig zielgerichtet zu helfen und Kinderarmut zu bekämpfen, sind unter anderem eine Reform der Sozialhilfe sowie beim Arbeitslosengeld erforderlich. Zudem fordern wir die längst überfällige Anhebung der Ausgleichszulage“, so Parr.
Die Caritas Vorarlberg feiert ihr 100-jähriges Bestehen mit zahlreichen Veranstaltungen. Den Auftakt bildet am Sonntag, 19. November, um 10.30 Uhr ein feierlicher Gottesdienst mit Bischof Benno Elbs, Bischof Abraham aus Äthiopien, Dompfarrer Fabian Jochum und Caritasseelsorger Wilfried Blum im Feldkircher Dom.
Der Gottesdienst wird von verschiedenen Gruppen der Caritas mitgestaltet und vom „Lerncafé Kinderchörle“ und der „Brozer Projekt Musig“ musikalisch umrahmt. Im Anschluss an die Messe sind alle Besucher:innen zu einer Agape eingeladen.
Aus dem KirchenBlatt Nr. 43 vom 16. November 2023