zur Abtreibungsdebatte |
Es ist ein hochsensibles Thema und ein ethischer Konflikt. Es geht um das Selbstbestimmungsrecht einer Frau, die in einer Notsituation mit einer existenziellen Frage ringt. Selbstbestimmung ist ein Grundrecht. Allein aber darüber zu diskutieren, greift ethisch betrachtet zu kurz. Denn diesem Selbstbestimmungsrecht steht das Recht eines ungeborenen Kindes auf Leben gegenüber. Eine dritte Perspektive ist auch die des betroffenes Paares. Das Christentum ist getragen vom Glauben an das Leben. Zugleich weiß ich aus meiner Arbeit als Seelsorger, dass es auch viele Lebenssituationen gibt, die die Entscheidung einer Frau für oder gegen ein Kind beeinflussen. Es geht in keiner Weise darum, Frauen zu verurteilen. Eine Frau in einem Schwangerschaftskonflikt muss von Kirche und Gesellschaft einfach bestmöglich unterstützt werden. |
zur emotionalen Belastungen von Frauen |
Eine ungewollte Situation bedeutet eine emotionale Belastung. Da braucht es einen Raum des Rückzugs, wo man die Gedanken und Gefühle sortieren kann. Deshalb halte ich Beratung durch eine neutrale professionelle Person für ganz bedeutend. Ja zum Leben heißt auch Ja zum Leben der Frau, die mit der Situation umgehen muss. Es ist daher entscheidend, weniger über, sondern viel mehr mit betroffenen Frauen zu reden. Ich halte es auch für wichtig, dass Frauen hier auch die Möglichkeit haben, von Frauen beraten zu werden - vor, während und nach der Entscheidung. |
zur Beratungspraxis |
Aus meiner Sicht darf der Lebensschutz nicht losgelöst von einer umfassenden Unterstützung der Schwangeren bzw. des Paares betrachtet werden: durch Beratung und Begleitung in Drucksituationen, besonders von Alleinerziehenden und Migrantinnen, durch eine gute Einbettung in Familien- und Gemeinschaftsstrukturen, durch finanzielle Unterstützung. Als Kirche leisten wir hier schon seit langem in unterschiedlichen Einrichtungen einen Beitrag. Eine Evaluierung der bisherigen Beratungspraxis wäre wichtig, um herauszufinden, wie wir helfen können und was es wirklich braucht: medizinisch und menschlich, sozial und wirtschaftlich. |
zum Lebensschutz |
Das Leben ist sehr fragil. Gerade bei schweren Erkrankungen merken wir das – in der Familie und bei uns selbst. Dass die Schwächeren in unserer Gesellschaft geschützt sind: das ist unser Anliegen als Kirche. Dazu gehören das ungeborene Kind und seine Eltern. Dazu gehören Menschen mit Beeinträchtigungen. Dazu gehören geflüchtete Menschen. Und dazu gehören Menschen, die verzweifelt sind und einen Sterbewunsch äußern. Überall braucht es die persönliche Zuwendung, das verständnisvolle Gespräch, die konkrete Hilfe. So wächst eine Kultur der Menschlichkeit, die uns allen guttut. |
zum Stil der Debatte |
Ich glaube, es braucht hier neue Wege des Dialoges und Aufeinander-Hörens. Das gilt für alle, die an der Diskussion teilnehmen, auch für die Kirche. Es geht keinesfalls darum, über Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben, zu urteilen. Keine Frau, denke ich, trifft diese Entscheidung leichtfertig. Zudem möchte ich betonen, was wir Bischöfe immer wieder klargestellt haben: Die Kirche ist keinesfalls an Strafbarkeit interessiert, sondern daran, dass ein Umfeld geschaffen wird, in dem Menschen Ja zu ihren Kindern sagen können. |
zur Standortfrage |
Abtreibung hat eine zutiefst ethische Dimension. Ein Krankenhaus ist ein Ort, an dem es in erster Linie darum geht, Leben zu retten. Die Wahl des Ortes hat Symbolkraft. Die Entscheidung darüber aber trifft die Politik. |