Praktisch und konkret wurde es beim zweiten Tag des Diözesanforums. In 36 Ateliers wurde da diskutiert, nach Lösungen gesucht und natürlich auch mit teilweise gegensätzlichen Positionen gerungen. Aber das Fazit, das fiel positiv aus: Nichts muss unmöglich sein, trauen wir es uns doch einfach zu.

Vom Diözesanforum "Plan.Los" berichteten Charlotte Schrimpff, Elisabeth Willi, Veronika Fehle

Mit einer besonderen Erinnerung begann Melanie Wolfers das Morgenlob und damit auch Tag zwei des Diözesanforums: „Einer von Gottes Namen lautet ‚Ich bin da, wo du bist‘. Das gilt für alle Menschen.“ Manchmal sei diese Gegenwart nur schwach zu spüren, manchmal hingegen sehr – und so wünschte Melanie Wolfers, dass unsere Sinne stets geschärft für diese Gegenwart sind.

Gastfreundschaft, Solidarität, Mission

Verschiedene Aspekte und Blickwinkel auf das Leben Jesu kamen dann filmisch "zu Wort". Dabei war Jesus einmal der Gastwirt, einmal der Globetrotter und Missionar; dann wieder der Rettungsanker, der Team-Coach und schließlich auch der Himmelsstürmer. Hinter all diesen großen Begriffen stehen die fünf Grundhaltungen, die bereits im Pastoralgespräch die "Wegen der Pfarrgemeinden" zum Dreh- und Angelpunkt geworden waren : Gastfreundschaft, Solidarität, Mission, Teamwork und Gebet. Wie wichtig diese Haltungen auch heute noch sind, betonte Melanie Wolfers und regte an, darüber nachzudenken: „Wie bereiten wir Menschen, die selten Kontakt zur Kirche haben, Räume, wo sie willkommen sind und wie decken wir einen Tisch, an dem die Menschen spirituell satt werden?“ Diese Tische sollten nicht nur im gewohnten Umfeld – der Kirche – stehen, sondern es gelte: „Wir müssen ständig unterwegs sein, das Evangelium verkünden und das Leben feiern.“

Wichtig seien aber auch Fragen der Struktur der Kirche, besser gesagt der Strukturveränderungen, die uns heutzutage überall begegneten. Glaubensinhalte gegen Strukturfragen auszuspielen, könne dabei nicht der Weg sein. Stattdessen brauche es Teamarbeit auf Augenhöhe sowie gerecht verteilte Leitungsverantwortung. „Dann bewegen wir uns in den Spuren Jesu“, erklärte Melanie Wolfers. Sie fand auch klare Worte dafür, dass gewisse strukturelle Neuerungen - Stichwort Frauen arbeiten in der Kirche immer mehr mit - lange als Notlösungen galten. "Niemand will eine Notlösung sein", so die Salvatorianerin.

Sehr nah in den Spuren Jesu bewegt sich bereits die Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom, deren Leiter Cesare Zucconi als Gastreferent nach Dornbirn reiste. In seinem Vortrag umriss er kurz die Grundzüge der in Rom beheimateten Gemeinschaft: der Glaube an die Kraft des Evangeliums, die Freundschaft mit den Armen und das Engagement für den Frieden. Mit diesem dreifachen Dienst könne die Welt besser gemacht und Angst, Gleichgültigkeit sowie Hass aus den Herzen der Menschen genommen werden.

Essend die Welt verbessern

Um etwas zu verändern und zu bewegen, hilft manchmal aber auch etwas ganz Einfaches, Alltägliches: Essen zum Beispiel. Diesen Weg wählte die Junge Kirche Vorarlberg mit dem Pasta Talk. Dabei wird mit Freund/innen Pasta gekocht, gegessen und geredet - über Leben und Glauben, Talente, Träume und Weltverbesserungsideen. Der Startschuss für die Pasta Talks fiel im Rahmen des Diözesanforums – 100 Jugendliche waren in die wirtschaft Dornbirn gekommen, aßen, tranken und sprachen mit Impulsgeber Peter Hackmair – seines Zeichens Ex-Fußballprofi und Autor – über Träume, die die Welt verbessern könnten.

Voneinander lernen

Und ihr, wie macht ihr das? Wenn es eine Frage gab in den Atelierphasen am Vor- und Nachmittag, dann die: Wie organisiert ihr bei euch die Erstkommunionvorbereitung? Wie geht ihr mit Ein- und Austretenden um? Welche Alternativen zum klassischen Gottesdienst kennt ihr? Und welche könnte auch was für unsere Pfarre sein?

36 Werkstätten boten nicht nur Gelegenheit, Erfahrungen „rund um den Kirchturm“ aufzunehmen, sondern vor allem in Austausch miteinander zu treten: Wie hat sich bei Euch X bewährt, wie reagiert ihr auf Y? Wir wünschen uns Z, wissen aber nicht, wie wir dahinkommen. Die Atelierleiter/innen gaben Impulse, vermittelten Best- (und Worst) Practice-Beispiele und zeigten, wie viel Ungewöhnliches, Spannendes und Inspirierendes bereits in Vorarlbergs Pfarren passiert.

Die Fäden aufnehmen

Ja, und wie fasst man jetzt eigentlich eine Veranstaltung wie das Diözesanforum "Plan.Los!" zusammen? Diese – zugegebenermaßen – nicht leichte Aufgabe, fiel in Dornbirn dem Musik-Kabarettisten Markus Linder zu. Der nahm die Herausforderung an – und meisterte sie auf seine gewohnt unkonventionelle Art. Dass Musik dabei mit im Spiel war, versteht sich bei Markus Linder von selbst. "Also, meine Damen und Herren. Es geht zu Ende und jetzt stellt sich doch die Frage: Geht's jetzt los?", typisch Linder, oder. Wenn man den Referentinnen und Referenten des Forums glauben will, dann ist es schon längst losgegangen. Bei Christian Hennecke, Pastoralamtsleiter aus Hildesheim, einem Bistum mit einem Katholik/innenanteil von 7%, klingt das dann etwa so: "Wir müssen den Neuanfang wagen und - es soll keine Depression geben, nur weil es nicht mehr wie früher ist." Bei Markus LInder klingt das - in Musik übersetzt - dann schwer nach Monty Pythons Hit "Always look on the bright side of life".

Melanie Wolfers, die durch die Liturgien beider Forumstage führte, gab den Zuhörenden ein Bild mit, das die Kirche von heute beschreibt: Im Meer schwimmen viele Boote unterschiedlicher Größe. Eines davon ist ein großer, schwerfälliger Dampfer, der unter der Oberfläche ein Leck hat. Nicht alle Menschen auf dem Dampfer sehen das Leck, auch auf der Kapitänsbrücke nehmen es nicht alle wahr. Doch auf den vielen Booten, die um den Dampfer schwimmen, sind Frauen und Männer, die in Familien, Pfarrgemeinden, Sportvereinen tätig sind und sich vom Geist Jesu inpsirieren lassen. Sie werden auch zu Rettungsbooten. Sie teilen Freude und Trauer, Brot und Wein, sie machen sich Gottes Hoffnung zu eigen. Dieses Bild "verpackte" Markus Linder dann in den Hit "I am sailing".

Und Cesare Zucconi, ja dessen Vortrag fasste Markus Linder eigentlich kurz und bündig in einem Satz zusammen. "Machen wir das Unmögliche möglich und verändern wir die Welt, indem wir unsere Herzen verändern." Das passende Lied dazu? Da schlug Markus Linder den Schunkler des bayrischen Liedermachers Hans Söllner vor: "Hey liaba Gott". Nicht bekannt? Reinhören lohnt sich!

Was ich noch sagen wollte

Wie auch schon am ersten Forumstag gab es übrigens auch an Tag zwei die Möglichkeit für Wortmeldungen aus dem Publikum. Diese Gelegenheit wurde gern wahrgenommen. Zum Beispiel von Günther Willi aus Egg. Er hinterfragte das "wir", von dem so oft die Rede war, wenn es zum Beispiel hieß "Wir müssen zu den Menschen gehen". "Sind wir nicht bei den Menschen?", so Willi. Er machte auch darauf aufmerksam, dass sich Menschen heute als mündig verstehen. So müssten unterschiedliche Formen gefördert werden, wie Glaube und Spiritualität gelebt werden kann. Und der Kirchenbeitrag müsse radikal anders gestaltet werden. Valentine Bauer aus Röthis berichtete am "offenen Mikrofon" aus ihrem Atelier. Es werde immer wichtiger, Menschen gerade in Extremsituationen wie Tod und Trauer gut, unkompliziert und einfach menschlich zu begleiten. Annamaria Ferchl-Blum aus Lochau bedankte sich dafür, dass mit Melanie Wolfers eine Frau durch die Liturgien des Forums führte. Sie wertete dies als starkes Zeichen, in dem die dringend notwendige strukturelle Veränderung mit der christlichen Botschaft zusammenkomme und sah dies für viele Frauen als Ermächtigung, die vom Forum mitgenommen werden könne.

Einen besonderen Applaus gab es schließlich für die muslimische Religionspädagogin Elif Dagli, die beim Forum in einem der Ateliers mitarbeitete und am offenen Mikrofon erzählte, dass sie sich  vom heutigen Tag "Friede" erhofft habe und Friede, Glaube, Interesse, Motivation, Akzeptanz und Heimat gefunden habe.

Und das bischöfliche Fazit?

Diese Wortmeldung nahm voraus, was Bischof Benno Elbs in seinen Dankesworten formulierte. "Ich danke euch für den speziellen Umgang miteinander während der vergangenen zwei Tage. Ich danke euch für die Wertschätzung. Und wenn man nach diesen zwei Tage fragt, wohin denn die Kirche in unserem Land gehen soll, dann ist die Antwort, dass das, was wir bei diesem Forum getan und erlebt haben, die Richtung vorgibt."

Dieser Gedanke prägte übrigens auch die Dialogpredigt von Melanie Wolfers und Bischof Benno Elbs beim gemeinsamen Gottesdienst, mit dem das erste Diözesanforum in Dornbirn St. Martin schließlich am Samstagabend in die Zielgerade einbog.

Viel wurde geredet, viel diskutiert. Noch mehr Ideen wurden geboren und manches Problem gewälzt. Natürlich konnte nicht alles gelöst werden. Aber positiv ist der Bodensatz, der vom Forum bleibt. Bei Bischof Benno Elbs klang das als Fazit deshalb so: "Seid Propheten gegen die Ketzerei der Angst." Bei einer Passantin, die sich spontan dazu entschied, am Forum teilzunehmen, klang das so: "Jesus ist einfach der beste Supertyp, von dem ich je gehört habe."