Auftakt zum Diözesanforum: Hunderte Menschen aus allen Pfarren im Ländle fanden Freitag ihren Weg nach St. Martin in Dornbirn, um sich über die Zukunft der Kirche Gedanken zu machen...

Vom Diözesanforum "Plan.Los" berichteten Charlotte Schrimpff, Elisabeth Willi, Veronika Fehle

Zwei große Bildschirme hängen an der linken und rechten Seite der Kirche St. Martin, in deren Ecken ist das Logo des Diözesanforums „Plan.Los!“ eingeblendet, in der Mitte die Zahl der Minuten, bis es so weit ist und das Forum endlich beginnt. 5, 4, 3, 2, 1 – und schließlich geht es los! Mit dem Lied „Feuer und Flamme“, das die Projektband um Bohuslav Bereta spielt. „Komm, Heiliger Geist, der die Nacht durchbricht.“ Den Heiligen Geist strich anschließend auch Bischof Benno Elbs bei seiner kurzen Begrüßung hervor: Nicht nur bei der gerade stattfindenden Amazonien-Synode sei der Heilige Geist – wie Papst Franziskus sagte – der Hauptakteur, sondern er war es auch beim Zweiten Vatikanischen Konzil, das auf den Tag genau vor 57 Jahren eröffnet worden ist. Ein denkwürdiger Tag also.

Wonach sehnst du dich?

Beim anschließenden Eröffnungsgottesdienst, den Ordensfrau und Autorin Melanie Wolfers leitete, stand das Schriftwort Jesaja 55 im Mittelpunkt. Jesaja lasse Gott darin wie einen Marktschreier auftreten, der gratis Essen und Trinken anbiete, sagte sie. Das bedeute: Gott lade uns ein, gratis zu empfangen, ohne Vorleistung. Das einzige, das wir machen müssten, sei: zu wollen – also zu wissen, was unsere Sehnsüchte eigentlich sind, wonach wir dürsten. Dies sei meist sehr schwierig, da unsere innersten Sehnsüchte oft verschüttet seien. Doch Gott habe uns die Sehnsucht als Kompass in unser Herz gelegt, um schließlich zu finden, wonach wir dürsten. „Schenken wir dieser leisen Stimme Gehör und vertrauen uns Gott an“, rief Melanie Wolfers auf, um schließlich jedem Teilnehmenden die Frage ans Herz zu legen: „Wonach sehne ich mich heute?“

Es darf in der Kirche auch gelacht werden

Nach dieser spirituellen Einführung wurde Platz gemacht für etwas anderes, aber auch sehr Wichtiges: Musik und Humor. Dafür zuständig: Markus Linder, der gewohnt gekonnt Inhalte mit Musik und Humor übermittelte. Augenzwinkernd philosophierte er über den Titel des Forums „Plan.Los!“ und Pläne generell. Zu viel Plan schränke ein, zu wenig führe zu völliger Orientierungslosigkeit. Und dann wären da ja auch noch die Zuständigkeiten. Das beliebte Vorarlberger „As gäb an Huffo zum Tua“ werfe drei Fragen auf: „Was ist zu tun?“, „Wer macht es?“ und schließlich „Was ischt an Huffo?“.

Familie, Freunde, Süßes

Das Video einer Straßenumfrage, in der zwei Fragen gestellt wurden - einmal „Was gibt dir Kraft und Energie“, einmal „Was suchst du hier?“  und mit „hier“ war die Kirche gemeint, schloss sich nahtlos daran an. Kraft und Energie geben, so die befragten Personen: Familie, Freunde, gute Lebensmittel, viel Schlaf, der Glaube an sich selbst und – nicht zu vergessen – Süßigkeiten. Antworten darauf, was die Menschen in der Kirche suchen: Ruhe, Stille, aber auch „Ich suche etwas im Bauwerk, nicht in der Institution selbst“ und die Kirche solle sich grundsätzlich verändern, z. B. was den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt betreffe.

Markus Linder darauf: Die Kirche könne die Sehnsüchte der Menschen auffangen, dazu müsse sie aber breiter werden und auch bunter. Er wolle eine „lütelige“ Kirche, stellte er schließlich fest. Fünf Haltungen seien dazu wichtig: Gottvertrauen und -verbundenheit, Gastfreundschaft, Diakonie – Solidarität, das Zugehen auf die Menschen  und Teamarbeit.

Wer sagt eigentlich, wer glaubt und wer nicht?

Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim, lud in seinem Vortrag zum Wechsel des Blickwinkels ein: Was, wenn die Menschen, die nicht (mehr) in die Kirche kommen, gar nicht so gottvergessen sind, wie wir vielleicht meinen? Was, wenn Gott längst bei ihnen ist? Weil er einen neuen Weg gefunden hat, vorbei an Traditionen und Konventionen – dorthin, wo Menschen nach Gemeinschaft, Sinn und Zugehörigkeit suchen?

Reichlich Bedenkenswertes – und noch mehr Diskussionsstoff. Für beides war Platz im anschließenden Plenum und vor allem in den Pausengesprächen. Dort trafen sich Frauen und Männer aus den unterschiedlichsten Pfarren des Landes bei einer Tasse Kaffee, drehten das soeben Gehörte gedanklich durch den Praxistest im Pfarralltag und ließen so die Ideen und Impulse erst einmal ordentlich sacken. Auch das muss sein.

Offene Worte am offenen Mikrofon

Zurück in der Martinskirche gehörte alle Aufmerksamkeit dem "Offenen Mikrofon" - und da kam die geballte Pfarr-Realität zum Wort. Das reichte vom Plädoyer für die Jugendarbeit bis hin zur großen Herausforderung, die Botschaft, die die Kirche heute zu verkünden habe, auch wirklich ins Heute zu übersetzen. Generalvikar Hubert Lenz sah genau das nicht nur als Chance, sondern als Auftrag: "Wenn jede und jeder nach diesem Forum nach Hause in die eigene Pfarre zurück geht und dort in auch nur eine neue Idee entsteht und umgesetzt wird, dann wird das eine große Welle an neuen Impulsen."

Vor die große Welle aber stellte Melanie Wolfers schließlich die meditative Stille auf, in der der erste, inhaltlich dichte Forumstag nachhallen konnte.