Der preisgekrönte Film „Gelobt sei Gott“ des berühmten französischen Regisseurs François Ozon über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche läuft ab 18. Oktober in den Vorarlberger Kinos.

Klaus Feurstein

Ein Priester in bischöflichem Ornat segnet von der hoch über Lyon liegenden Kathedrale aus die Stadt, indem er eine Monstranz majestätisch gegen den Himmel reckt. Es ist Kardinal Barbarin, der dieses Ritual jährlich vollzieht, normalerweise in Anwesenheit von politischen und kirchlichen Honoratioren. François Ozon eröffnet mit dieser Szene seinen neuesten Spielfilm und zeigt dabei den Kardinal allein. Es ist eine Geste der Macht und der Regisseur enthüllt präzis deren Mechanismen.

Perspektive der Opfer

Den Auslöser für den Film bildete eine Opfer-Website namens „Das gebrochene Schweigen“ von Männern, die als Kinder und Jugendliche von Priestern missbraucht worden waren. Besonders berührt hat Ozon ein immer noch gläubiger Katholik, Alexandre Guèrin, der bis zum Alter von 40 Jahren mit sich gekämpft hat, bis er in der Lage war, seine Geschichte zu erzählen. Artikel, Interviews sowie die E-Mail-Korrespondenz zwischen Alexandre und hohen Amtsträgern der Kirche von Lyon schaffen die Grundlage für den Film. Dabei konzentriert er sich auf die Perspektive der inzwischen erwachsenen Opfer und erzählt die Geschichte am Beispiel dreier Männer, die als Pfadfinderkinder alle Opfer desselben Priesters, Bernard Preynat, waren. Während der sensible Alexandre und der hitzköpfige Francois auf realen Personen basieren, ist der dritte Charakter, der in prekären Verhältnissen lebend gezeigt wird, aus dem Schicksal verschiedener Opfer zusammengesetzt.

Die Schuld der Täter

Den Höhepunkt des Films bildet die persönliche Gegenüberstellung zwischen Alexandre und Preynat, bei dem der Täter zwar seine Untaten zugibt, aber nicht in der Lage ist, um Verzeihung zu bitten, sondern eher Selbstmitleid bekundet.
Als immer deutlicher wird, dass auch die ehrlich klingenden Solidaritätsbekundungen des Kardinals keine Folgen für den Täter haben und gegenüber dem Opfer eher als Verzögerungstaktik fungieren, wenden sich Alexandre und seine Mitstreiter an die weltliche Justiz und die Presse.
Beeindruckend zeigt der Film das Leiden der Opfer und wie sie erst durch ein mutiges und solidarisches Auftreten der Ohnmacht entfliehen und der mächtigen Institution den Kampf ansagen konnten.

Behutsam und klar

Ozon ist von einigen kritisiert worden, dass er mit der Verfilmung realer Ereignisse in laufende gerichtliche Verfahren - gegen Preynat wegen unzähliger Missbrauchsdelikte und gegen Kardinal Barbarin wegen Nichtanzeige dieser Verbrechen - eingegriffen habe. Der Regisseur verteidigt sich aber mit der Argumentation, dass alle Fakten der Öffentlichkeit bekannt gewesen seien. Und er weist auch den Vorwurf zurück, dass er die Täter mit ihren richtigen Namen benannt und nur die Opfer anonymisiert habe. Dies ist als ein klares Signal zu sehen, auf wessen Seite der Regisseur steht.
Behutsamkeit und Differenzierung in der Darstellung der Ereignisse auf der einen und Klarheit auf der anderen Seite lassen hoffen, dass der Film zu einem wichtigen Schritt in Richtung Aufarbeitung und Prävention von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche beiträgt. Es gibt viele gläubige Menschen, die das wollen und versuchen, die in „Gelobt sei Gott“ gezeigten Mechanismen der Vertuschung der immer noch machtvollen Institution zu durchbrechen.

Gelobt sei Gott („Grâce à Dieu“)

Frankreich 2019 - 138 Minuten - Regie: François Ozon
Weitere Informationen unter "Links und Dateien" in der rechten Spalte.

Ab 18. Oktober 2019 im Cinema Dornbirn und voraussichtlich im Jänner 2020 im Rio Kino Feldkirch