Das vorarlberg museum lud zu einem Erzählcafé zu charismatischen Priesterpersönlichkeiten. Im lockeren Rahmen berichteten die Anwesenden über ihre Erfahrung mit Kaplan Hugo Kleinbrod.

Wolfgang Ölz

Das Erzählcafé ist ein Veranstaltungsformat des vorarlberg museum, bei dem in regelmäßigen Abständen Erfahrungen und Erinnerungen an frühere Begebenheiten oder Ereignisse in lockerer Runde ausgetauscht werden können. Der Moderator des Erzählcafés, Manfred Welte, legt Wert darauf, dass keine Pflicht zu erzählen, sehr wohl aber zum Zuhören besteht.
In den bisherigen Erzählcafés war immer wieder auch von Priestern die Rede, vor allem von Kaplan Hugo Kleinbrod (1910 bis 1970). Dieser hat 1951 den Grundstein für das Vorarlberger Kinderdorf gelegt. Hugo Kleinbrod verfügte auch über die Gabe, Kinder auf unkonventionelle und liebevolle Weise zu begleiten. Viele heute ältere Vorarlberger/innen - zu nennen wären etwa die Jahrgänge 1939 bis 1944 - haben dadurch prägende Kindheitserinnerungen geschenkt bekommen.

Gestapo-Haft wegen Jugendarbeit.

Christoph Hackspiel vom Vorstand des Vorarlberger Kinderdorfs gab einen kurzen Einblick in die Lebensgeschichte von Kaplan Hugo Kleinbrod: geboren 1910 in Bregenz, nach dem Theologiestudium in Innsbruck und Priesterseminar in Brixen Priesterweihe 1936.
In der NS-Zeit wurde er wegen seiner katholischen Jugendarbeit von der Gestapo kurzzeitig verhaftet, musste dann bei der Marine einrücken, geriet 1944 in Gefangenschaft und kehrte 1945 nach Vorarlberg zurück.

Gletschereis am Diedamskopf.

Das Schicksal der vielen Kriegswaisen berührte Hugo Kleinbrod besonders. Deswegen organisierte der Kaplan ab 1946 für bis zu tausend Kinder pro Sommer Ferienlager in Schönebach im Bregenzerwald. Die Kinder schliefen im Heustock und das Frühstück fand bei Schönwetter im Freien am Bach statt. Bei Riebel, Marmelade und Trockenmilch waren die Buben glücklich, wusste ein Teilnehmer des Erzählcafés, der damals dabei war. Mit dem Gesetz nahm es Hugo Kleinbrod nicht so genau. Da konnte schon mal eine Ladung mit fünfzig Kindern auf einem LKW nach Schönebach gefahren werden. Der Kaplan ging jedes Jahr mit bis zu vierzig, zum Teil barfüßigen Kindern, auf den Diedamskopf. Oben gab es dann ein „Gletschereis“, das aus dem Schnee am Berg und mitgenommener Marmelade gemischt wurde. Hugo Kleinbrod soll zeitweise auch der Rekordhalter im 100 Meter Lauf in Vorarlberg gewesen sein. In Schönebach jedenfalls habe er in voller Soutane mit den Buben Fangen gespielt und wurde nie erwischt, erst nach langem Spiel ließ er sich dann freiwillig fangen und an einen Baum binden.

Einfach nicht mehr abgeholt.

Manche Waisenkinder wurden nach den Ferien in Schönebach einfach nicht mehr abgeholt. Das war für Kleinbrod der Anlass, das Vorarlberger Kinderdorf ins Leben zu rufen, das ab 1957 in der „Alten Mühle“ in Au-Rehmen Quartier bezog. Von den etwa eintausend Kindern, die in Au-Rehmen aufwuchsen, ist allerdings keines im Bregenzerwald geblieben. Die Bregenzerwälder hatten zu große Angst vor den Fremden, so die Vermutung. Bischofsvikar Rudolf Bischof, der auch am Erzählcafé teilnahm, nimmt an, dass die Bauern sich dazu noch Sorgen machten, dass ihr hohes Gras zertrampelt werden könnte. Als Seminarist, so erinnert sich Bischof, wurde er mit seinen Kollegen nach Schönebach geschickt, um zu lernen, wie damals kirchliche Jugendarbeit funktioniert hat. «

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 4 vom 23. Jänner 2020)