Das heutige Evangelium festigt (auch) ein soziales Grundrecht: Unter einen gewissen Mindestlohn darf man nicht gehen.

25. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A, 20. September 2020
Wort zum Sonntag von Daniela Horwath

Evangelium

Matthäus 20,1–16a
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er wieder hinaus und sah andere auf dem Markt stehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder hinaus und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde noch einmal hinausging, traf er wieder einige, die dort standen. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten! Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. Als dann die Ersten kamen, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten einen Denar. Als sie ihn erhielten, murrten sie über den Gutsherrn und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt. Wir aber haben die Last des Tages und die Hitze ertragen. Da erwiderte er einem von ihnen: Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin? So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte.

1. Lesung

Jesaja 55, 6–9
Sucht den HERRN, er lässt sich finden, ruft ihn an, er ist nah! Der Frevler soll seinen Weg verlassen, der Übeltäter seine Pläne. Er kehre um zum HERRN, damit er Erbarmen hat mit ihm, und zu unserem Gott; denn er ist groß im Verzeihen. Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des HERRN. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.

2. Lesung

Philipper 1,20ad–24.27a
Schwestern und Brüder! Ich erwarte und hoffe, dass ich in keiner Hinsicht beschämt werde, dass vielmehr Christus in aller Öffentlichkeit – wie immer, so auch jetzt – verherrlicht werden wird in meinem Leibe, ob ich lebe oder sterbe. Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbares Wirken. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Bedrängt werde ich von beiden Seiten: Ich habe das Verlangen, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe.
Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht!

WORT ZUM SONNTAG

Daniela Horwath Dipl.PAss. Daniela Horwath ist Krankenseelsorgerin in Bad Sauerbrunn und Liturgiereferentin bei den Pastoralen Diensten der Diözese Eisenstadt. Die Autorin erreichen Sie unter

Was ist schon gerecht?

Ich kann sie gut verstehen – die Arbeiter im Weinberg, die murrten über den Gutsherrn, weil sie nur einen Denar für die Ganztagsarbeit bekommen haben. Denn genauso viel haben jene bekommen, die nur eine Stunde gearbeitet haben. Das ist nicht fair – zumindest nicht nach menschlichen Maßstäben.
Was ist schon gerecht?
Mehr oder weniger besitzen? Gesund oder krank sein? Eine liebevolle Gemeinschaft zu erleben oder das Scheitern von Beziehungen? Einen Job haben oder arbeitslos sein? In einem friedlichen Land leben oder in einem Kriegsgebiet? Die Ersten werden die Letzten sein?
Das Leben erscheint nach menschlichen Maßstäben nicht gerecht. So Vieles liegt nicht in unserer Hand. Eine Tatsache, die uns auch die Corona-Pandemie aufzeigt und in uns ein Gefühl von Ohnmacht auslöst.
„Wieso unternimmt denn Gott nichts dagegen? Warum lässt er das zu? Ich hab ja nichts Böses getan!“ Diese oder ähnliche Sätze höre ich immer wieder auch während meiner Arbeit in der Rehabilitation von Krebskranken. Und nachdem die PatientInnen mir ihr Vertrauen schenken und mich teilhaben lassen an ihrem „heiligen Zorn“ und ihrer Trauer, frage ich: „An welchen Gott glauben Sie?“
Ich habe unseren biblischen Gott allmächtig erfahren – er hält es aus, wenn ich mich bei ihm „auskotze über all die Ungerechtigkeiten“ in der Welt und über die, die in meinem Leben vorkommen. Unser biblischer Gott hat auch eine ohnmächtige Seite – als Mensch wurde er zum Tod verurteilt und gekreuzigt und auch er war „voller Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz“ (vgl. Mk 3,5). Mein „heiliger Zorn“, meine Trauer und meine Ohnmacht sind gut aufgehoben bei unserem biblischen Gott, der letztendlich auch immer Geheimnis bleibt …
„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege.“ (Jesaja 55,8)

Zum Weiterdenken

An welchen Gott glaubst du?

Jeden Tag will ich dich preisen
und deinen Namen loben auf immer und ewig.
Groß ist der HERR und hoch zu loben,
unerforschlich ist seine Größe.
Der HERR ist gnädig und barmherzig,
langmütig und reich an Huld.
Der HERR ist gut zu allen,
sein Erbarmen waltet über all seinen Werken.
Gerecht ist der HERR auf all seinen Wegen
und getreu in all seinen Werken.
Nahe ist der HERR allen, die ihn rufen,
allen, die ihn aufrichtig rufen.

Antwortpsalm (aus Psalm 145)

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 38 vom 17. September2020)