Manfred Honeck gilt weltweit als einer der wichtigsten Dirigenten unserer Zeit. Auf seiner aktuellen Tournee mit seinem Pittsburgh Symphony Orchestra quer durch Europa hat er die 9. Sinfonie von Anton Bruckner (1824-1896) im Gepäck, deren Bedeutung er in einem Vortrag in Altach vorstellen wird.

Wolfgang Ölz

Manfred Honeck (geboren 1958 in Nenzing) lebt mit seiner Familie in Altach, wenn er nicht gerade in Pittsburgh (USA) ist oder irgendwo auf der Welt einen erstklassigen Klangkörper dirigiert. Der Vater von Manfred Honeck war in den 1960er-Jahren mit sieben seiner neun Kinder (zwei waren schon erwachsen) nach Wien gegangen, um seinen Kindern die bestmögliche musikalische Ausbildung zu ermöglichen. Acht Jahre spielte Honeck als Bratschist bei den Wiener Philharmonikern. 1987 startete er seine Dirigentenlaufbahn bei Claudio Abbado. Seit 2008 ist er Musikdirektor des Pittsburgh Symphony Orchestra, sein Vertrag wurde kürzlich bis 2022 verlängert.

Gefeierte Konzerte

Über das Pittsburgh Symphony Orchestra sagt Honeck: „Es ist technisch perfekt, musikalisch sehr formbar, ausdrucksstark und sehr energetisch.“ Als Gastdirigent stand Honeck am Pult aller führenden internationalen Orchester der Welt. 2016 wurde der Echo- und Grammy-Gewinner vom österreichischen Bundespräsidenten mit dem Ehrentitel „Professor“ gewürdigt. Die Salzburger Festspiele schreiben: „Seine gefeierten Konzerte und richtungsweisenden Interpretationen erfahren internationale Anerkennung.“

Majestät aller Majestäten

Anton Bruckners 9. Sinfonie, über die Manfred Honeck in Altach sprechen wird, betrachtet der Dirigent als Krönung der Sinfonien Bruckners. Die zuletzt erschienene CD von Honeck mit besagter Sinfonie wurde in der Fachwelt und in den Feuilletons großartig besprochen. Die 9. Sinfonie hat Bruckner „dem lieben Gott“ gewidmet, weil er „durch und durch ein religiöser Mensch war“, ist Honeck überzeugt. Die 7. Sinfonie hatte er König Ludwig von Bayern, die 8. Kaiser Franz Joseph zugeeignet. Deswegen wollte er mit der 9. Sinfonie, den nahen Tod spürend, die „Majestät aller Majestäten“, Gott selbst, ehren. Gerade die langsamen Sätze, so Honeck, sind durchdrungen von einer Liebe zu Gott, ja zum Katholizismus. Der tägliche Besuch der Messe, das Rosenkranzgebet und der Angelus waren fixer Bestandteil von Bruckners Leben.

Gebet vor Auftritten

Auch Honeck selbst betet vor jedem Auftritt, denn Gott ist für ihn wie ein Freund, den er täglich anrufen möchte. In Pittsburgh betet er regelmäßig mit Musikern vor den Auftritten. Manchmal kommen dafür auch Gäste vor der Vorstellung ins Dirigentenzimmer, um sich dem Gebet anzuschließen. Benediktinermönche waren darunter, aber auch evangelische und methodistische Christen, Juden, Muslime und Buddhisten - also Angehörige praktisch aller Religionen.

Bruckners Weltruhm

Nach den Gründen für den Weltruhm Bruckners befragt, kommt Manfred Honeck ins Schwärmen. Bruckner sei zuallererst genial genau, habe herrliche Melodien in herrlicher Harmonik geschaffen, die musiktheoretisch phantastisch angelegt seien. Auch habe Bruckner Bach und Beethoven sehr genau studiert, gleichzeitig wiesen seine Sinfonien bereits ins 20. Jahrhundert. Trotzdem sei Bruckner ein ganz einfacher Mensch geblieben.
1824 in Ansfelden in Oberösterreich geboren, schlug Bruckner die Lehrerlaufbahn ein wie sein Vater. Bruckner war aber als Lehrer so besessen vom Orgelspiel, dass er sogar strafversetzt wurde. Der Schritt nach Linz und später nach Wien führte Bruckner in die große Welt. Weil er an seiner Identität festhielt, galt er manchen als „Sonderling“. Ein bedeutender Musikkritiker seiner Zeit diffamierte ihn einmal mit der Klassifizierung „halb Genie, halb Trottel“.

Eine völlig andere Sphäre

Nähern solle man sich den Sinfonien von Anton Bruckner mit Offenheit, so Honeck. Man könne die sinfonische Gewalt, gerade die langsamen Sätze, einfach auf sich wirken lassen, rät der Altacher Dirigent dem Publikum. Die Musik spreche für sich. Wie in der Spiritualität werde der Mensch in dieser Musik in eine völlig andere Sphäre gehoben. Musik ist etwas Göttliches, sagt Honeck, so wie die Liebe etwas Göttliches ist. «

„Dem lieben Gott“. Manfred Honeck über den musikalischen Kosmos von Anton Bruckner und seine 9. Sinfonie.
Mi 23. Oktober, 19.30 Uhr, Pfarrzentrum Altach.

(Aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 42 vom 17. Oktober 2019)