Sind lebensverkürzende Maßnahmen wirklich Zeichen einer „Wegwerfkultur“ oder eine Lösung für todkranke PatientInnen? Wird aus dem Sterben-Dürfen vielleicht plötzlich ein Gefühl des Sterben-Müssens? Ein schweres Thema - nämlich das Verbot der Sterbehilfe - steht diese Woche auf dem Programm des Verfassungsgerichtshofs.

Die Position des Vatikans ist klar: aktive Sterbehilfe und assistierter Suizid sind und bleiben weiterhin ethisch verboten. Das geht aus dem 23-seitigen Papier "Samaritanus bonus" ("Der barmherzige Samariter") hervor, welches die Glaubenskongregation am Dienstag veröffentlichte. Zugleich wendet sich die Vatikanbehörde gegen einen "unverhältnismäßigen und entmenschlichenden Einsatz von Technologien", vor allem in den kritischen Phasen des Lebens.

Die Rechtslage in Österreich

Nach den Paragraphen 77 und 78 des Strafgesetzbuches ist aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen, wenn etwa ein Arzt auf expliziten Wunsch des Patienten ein tödliches Medikament verabreicht) sowie Mitwirkung am Suizid verboten. Beides ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Bereits im Vorfeld der Beratungen des Verfassungsgerichtshofs, haben sich kirchennahe und kirchliche Organisationen bereits ablehnend zu einer möglichen Liberalisierung der Gesetzgebung geäußert und für den Ausbau von Palliativ- und Hospizeinrichtungen ausgesprochen. Auch der Vatikan betont in seinem Schreiben die unaufgebbare Würde des Menschenlebens "auch in seinen extremen Phasen des Leidens und Todes".

Keine Beichte oder Krankensalbung, aber ...

Der Empfang von Beichte und Krankensalbung ist laut dem Dokument für jene Menschen, die um aktive Sterbehilfe oder Suizidbeihilfe bitten, nicht möglich, sofern sie sich von ihrer Entscheidung nicht distanzieren. Dennoch sei eine nahe Begleitung dieser Personen angebracht, um den Weg zur Zulassung zu den Sakramenten wieder zu öffnen, heißt es - "besonders wenn die Euthanasie nicht sofort oder unmittelbar bevorsteht". Jegliche Geste der Zustimmung zu der Entscheidung müsse jedoch vermieden werden, um nicht "Mittäter" zu werden.

Falsches Verständnis von Mitgefühl?

Am aktuellen gesellschaftlichen Umgang mit Leid kritisiert der Vatikan eine verengte Auffassung von Lebensqualität und ein falsches Verständnis von Mitgefühl, ferner einen Individualismus, der andere als Last betrachtet, und einen heimlichen Wunsch nach Befreiung von den Grenzen der Körperlichkeit. Angst vor Leiden und Tod seien Hauptursachen für den Versuch, die "Ankunft des Todes zu kontrollieren" und zu managen.

Nachdrücklich spricht sich die Glaubenskongregation in dem neuen Schreiben für eine Förderung der Palliativmedizin aus, besteht jedoch auf einer klaren Abgrenzung zur Suizidbeihilfe; diese sei in einigen Ländern nicht gegeben. Auch eine "Herbeiführung des Todes" durch die Einstellung künstlicher Ernährung wird als unzulässig abgelehnt.

Eine Palliativversorgung verlangt die Kirche auch im Fall von lebensverkürzenden Erkrankungen von Embryonen und Neugeborenen. In dem Zusammenhang spricht das Dokument von einer "manchmal obsessiven Anwendung der Pränataldiagnostik". Eine Abtreibung sei unter keinen Umständen erlaubt. Die "Verwendung der Pränataldiagnostik für selektive Zwecke" sei Ausdruck einer "eugenischen Mentalität" und in schwerwiegender Weise unzulässig. (red/kathpress)

Das Dokument "Samaritanus bonus" in Englisch lesen Sie hier

Fotocredit: Maryanne Ventrice / flickr.com (CC BY 2.0)