Nicht nur aufgrund der österreichischen Ratspräsidentschaft steht das Thema EU derzeit im Fokus des Interesses. Bei einer Podiumsdiskussion mit Schülerinnen und Schülern in der HLW Marienberg wurde eifrig über die Zukunft Europas diskutiert.

Das Thema des Vormittages konnte aktueller nicht sein. Während mitten in den Turbulenzen um den nahenden Brexit gegen Theresa May ein Misstrauensvotum gestellt wurde, war die Zukunft Europas Inhalt einer Podiumsdiskussion in der HLW Marienberg. Bischof Benno Elbs, der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart und Christian Gsodam, Berater der EU-Ratspräsidentschaft, diskutierten mit Schülerinnen und Schülern der HLW Marienberg und des BG Blumenstraße über die Europäischen Union und christliche Werte. Moderiert wurde der Talk von den beiden Schülerinnen Paula Zimmermann und Sophia Rella.

Die EU, ein Friedensprojekt

Gleich in seinem Eingangsstatement betonte Bischof Benno Elbs, dass das vereinte Europa als Wertegemeinschaft gegründet wurde. Die EU als Antwort auf die Barbarei der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts verfolgte das Ziel, die verfeindeten Völker zu versöhnen und eine internationale Gemeinschaft auf Grundlage der Menschenrechte zu bilden. „Beim Aufbau der EU haben Christinnen und Christen eine bedeutende Rolle gespielt. Deshalb sollten sie auch die beherztesten Befürworter des europäischen Einheitsgedankens sein“, so der Bischof.

Blick über den Tellerrand

Markus Linhart brachte das wichtige Wort des Teilens in die Diskussion ein. Die EU funktioniere nur, wenn das Prinzip der Solidarität im Zentrum steht. Linhart, der auch Mitglied im EU-Ausschuss der Regionen ist, betonte, dass es wichtig sei, den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zu weiten und andere Nationen an unserem Wohlstand teilhaben zu lassen. Vielerorts stecke die Idee eines solidarischen Europa zwar noch in den Kinderschuhen, aber besonders bei jungen Menschen orte er eine hohe Werteorientierung. Deshalb sei es auch wichtig, auf einem gemeinsamen Wertefundament zu stehen. „Teilen wir nicht nur Waren, sondern auch Haltungen!“, so der Bregenzer Bürgermeister.

Europa und Islam

Auf die Frage einer Schülerin, ob in der EU nicht auch Werte anderer Religionsgemeinschaften Platz haben müssen, ging Christian Gsodam ein. „Geschichtlich gesehen, haben wir den Muslimen vieles zu verdanken“, sagte Gsodam und verwies u.a. auf die Leistungen arabischer Wissenschafter in Mittelalter und Neuzeit. Jedenfalls dürfe die Einheit Europas nicht auf Kosten von Pluralität gehen. Vielmehr sei das Miteinander der Kulturen, Religionen und Weltanschauungen wesentlich für die Zukunft Europas.  

Vergebungsbereitschaft

Mucksmäuschenstill wurde es im Saal, als Bischof Benno von einem Mordopfer berichtete, dessen Familie er im Moment begleitet. Er erzählte von den Gesprächen mit den Verwandten des Opfers und über die Möglichkeiten, wie man mit solch einem menschlichen Drama umgehen kann. Neben den nahe liegenden Reaktionen von Rache und Vergeltung habe Jesus eine Haltung vorgelebt, die auch mit Blick auf andere Religionen einzigartig ist: nämlich die der bedingungslosen Vergebung und der Feindesliebe. „Die Feindesliebe ist zwar äußerst anspruchsvoll zu leben, und trotzdem ist sie unverzichtbar für ein friedvolles Miteinander – auf europäischer und auf globaler Ebene gleichermaßen.“

Geht wählen!

Der weitere Diskussionsverlauf und die Fragen aus dem Publikum drehten sich in der Folge um viele verschiedene Themen. Um christliche Werte in der Asyl- und Friedenspolitik ging es ebenso, wie um die kommende EU-Wahl. Alle drei Diskutanten betonten unisono, wie wichtig es ist, dass besonders junge Menschen Demokratie mitgestalten und auch bei der EU-Wahl von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Damit könne das verhindert werden, was beim Brexit-Referendum eingetreten ist: dass die alte Generation über die Zukunft der Jugend entscheidet. Bischof Benno zu den Schülerinnen und Schülern: „Ihr Jugendlichen seid nicht nur unsere Zukunft, sondern auch die Gegenwart. Europa kann es in Zukunft nicht geben, ohne dass die Träume und Vorstellungen der Jugend, dass eure Träume, miteinbezogen werden.“