Erntedank
der Herbst
noch freundlich
neu und warm
gießt Farben
auf die Wälder
zufrieden
satt und wohlbestellt
sind Scheune
Hof und Felder
im Korb
liegt bunt und stolz
die Frucht
wir tanzen
singen Lieder
und danken dir
o Herr
du gibst uns
immer wieder
Dieses Gedicht von Ingrid Streicher ist ein passender Einstieg für meine Gedanken zum Erntedank. Seit ich denken mag, also schon beinahe 70mal, erlebe ich den Herbst so, wie oben beschrieben – freundlich, warm, farbig und wohltuend.
Und immer dann bin ich mit einer großen Dankbarkeit erfüllt, dafür, dass ich hier geboren bin, in einer Zone unserer Erde, in der es vier Jahreszeiten gibt.
Wir erleben den Frühling, er weckt uns mit der Frische, der Kraft aus der Erde – wir können das Leben darin förmlich riechen.
Der Sommer, so kraftvoll und reich – und aus unseren Bergen sprudelt trotz der Hitze kühles Wasser – für Menschen aus vielen Regionen der Erde unglaublich!
Der Herbst mit den kühlen Nächten, in denen wir wieder gut schlafen können, die Keller sind gefüllt mit Früchten aus unseren Gärten, das Vieh kommt wieder zurück von den Alpen und findet bis in den November hinein noch frische Weide.
Bis dann die Ruhe des Winters sich auf die Felder legt, die herbstlichen Farben auslöscht und mit Grau und Weiß einhüllt. Die Natur nimmt sich Zeit, um Kräfte zu sammeln für den Frühling.
Wie können wir also anders, als dankbar zu sein?
Für mich beschränkt sich Erntedank nicht auf den Herbst und ich sehe in ihm mehr als Brauchtum, vielmehr ist es eine innere Haltung.
Das mag auch ein Grund dafür sein, dass das Feiern des Erntedanks seit vielen Jahrzehnten wenig abgeändert wurde.
Die ganze Bevölkerung, naturgemäß besonders die bäuerliche, hat guten Grund zu danken –
wenn die Feldarbeit Früchte trägt,
wenn kein Hagel oder Regen die Pflanzen ruiniert haben,
wenn die Heuarbeiten abgeschlossen sind und die Familie unfallfrei über den Sommer gekommen ist,
wenn an den Gerätschaften keine großen Reparaturen anfallen,
wenn das Vieh gesund von den Alpen kommt.
Ernte – Dank drückt sich für mich auch aus, wenn uns Landwirten, die wir doch einen Ernährungsauftrag haben, eine gewisse Wertschätzung entgegengebracht wird.
Und wenn wir jetzt, nach getaner Arbeit, etwas zur Ruhe kommen, die noch sattgrünen Wiesen, die letzten Blumen und Sträucher im Garten, die bunten Wälder betrachten, ist diese Dankbarkeit da und das Wissen um diesen Segen Gottes –
wir danken dir o Herr,
du gibst uns immer wieder.
Ruth Schneider